Saturday, 6 May 2017

...ueber Leben und Sterben...

Als die gezackte Schlange durch den Sumpf glitt, spalteten sich das Gras und der triefende Schlamm unter ihrem Gewicht. Sie war sich ziemlich bewusst, dass sie fast unantastbar war. Die Geister hatten ihr ein amphibitöses Muskelgewabbel verliehen. So konnte sie sich nicht nur tarnen, sondern auf Land wie auch im Wasser existieren. Auch hatte sie verlernt in der Zeit zu träumen, so sehr war die Gegenwart von bedingungsloser Aufmerksamkeit durchtränkt. Ihre Realität war in einen Wachzustand uebergegangen, wobei ihr rechtes Auge exstatisch zuckte, wenn die Visionen dieser Welt sie durchstrahlten. Sie konnte andere Wesen von Weitem orten, um sie sich dann ruckartig ihre Opfer einzuverleiben. Eigentlich war sie hier am Urgrund ihrer Natur, nur ein Werkzeug eines grösseren Ganzen, doch es gab kein wirkliches Halten ihrer gewohnheitsmässig neugierigen Urspruenglichkeit. Eigentlich ging es um das grosse Fressen in der endlichen Weite dieses mystischen Waldes, welcher Unmengen von Nahrung versprach. Dies war ihre ureigenste Natur. Und dennoch hatte auch dieses vibrierende Geschöpf seine Zweifel an der eigentlichen Aufgabe ihres Selbst. Wenn sie anfing ueber die Dinge, welche sie permanent umgaben, nachzudenken, musste sie sich eingestehen, dass sie neben den fast 30% Eigengewicht, welches sie durch das Denken einbuesste, auch in die Falle der idealistischen Selbsttötung getappt war. Sie tötete um zu ueberleben! Und ob es nun wirklich der Balance oder ihrem Hunger entsprach, konnte sie beim besten Willen nicht beurteilen. Aber da die grosse Schlange sich in Windeseile vermehrte, wuerde es irgendwann einmal eine Luecke in der Nahrungskette geben. Und nur wenn sie voll und ganz ihr Ego, ihre Meinung und ihr Sein atmete, stellte sie sich vor, ganz zu sein. Aber war vielleicht nicht auch diese eigene Vorstellung eine Illusion? War sie auch nur einmal bereit, sich selbst aufzugeben, ihre eigentliche Haut abzustreifen, wie einen kleinen Dank an die Schöpfung. Demut war nicht wirklich ihre Stärke. Sie wollte kraftvoll sein, sich reproduzieren, ihre eigenen Sinne schärfen, manchmal zu den Geistern reisen, wenn diese es denn zuliessen, um etwas Selbstbestätigung ihrer Vorstellung zu ernten. Und waren nicht auch diese Geister nur eine Reproduktion ihrer eigenen Vorstellungskraft. Nichts war sicher, soviel wusste sie bereits. Ihr ganzer Körper wuerde irgendwann schächer und schwächer werden, ihre Sexualität wuerde verblassen, ihre Geisteskraft wieder in Amnäsia uebergehen, und dann wuerde sie gefressen werden, wie alle Lebensformen auf diesem Planeten. Sie wuerde ein Staubkorn im Kosmos sein, ganz ohne Sinnlichkeit oder Vernunft. Im innersten unbewussten Sein, welches sie in grossen Mengen umgab, war sie unbändige Angst. Deshalb frass sie Realität. Wuetend vernetzte sie in ihrer schwarzen Pracht die Neugier mit ihren Werten, und umgarnte sich mit anderen Illusionen wie Spiritualität, Philosophie oder mit anderen Worten liess sie ihrem sexuellen Ego freien Lauf. Ihr eigentlich beispiellos gestaltetes, geheimnisvoll leeres Ich wurde zu einer unbewussten Huelle, nur verstand sie nicht, was dies in ihrem Geltungsdrang bedeuten konnte! Deshalb uebergab sie sich in die Beschäftigungen ihres Schlangendarseins! Ausprobieren, um des ausprobieren Willens. Willenlos getrieben von anderen Ideen, zwar reflektierend aber ungebremst. Ein Rennen auf einer Treppe ohne Stufen. Ein durstiges Trinken ohne die unendlichen Weiten des Meeres. Als Spielball der Gegensätze. Und immer wieder umgab sie, trotz ihrer Grösse, diese Angst...die Angst des universellen Chaos und ihres unvermeidlichen Todes!
Sie hatte viele Wesen um Rat gebeten. Doch zumeist, wenn sie ganz ehrlich war, hatten diese nur Meinungen von sich gegeben, die eigentlich nichts zur Sache taten. So kroch sie, in ihrem Darsein gefangen, einsam und verstört durch diese Suempfe, ohne zu wissen, was sie eigentlich suchte.
Im Uebrigen hatte sie immer wieder die Vermutung, dass alle Dinge irgendwie absolute Ähnlichkeit besassen. Es waren chemische Prozesse, die ihren Organismus anstachelten. Und da einer der grundlegenden Organismen ihr unbändiger Hunger war, war sie permanent auf der Suche nach neuen Tatsachen am Horizont, nach anderen Opfern, nach dem ewigen Ersetzen aus Zuständen in der grossen Zeit. Da die Langeweile nur als kleine Babyschlange genuegt hatte, war sie geistig von ihren elementaren Aufgaben abgekommen. Sie zweifelte an den bestehenden Tatsachen dieser Existenz...Genuegsamkeit war nicht ihre Tugend!
Jede ihrer Handlungen rief neue Handlungen hervor. Es war wie ein Schattenspiel, obwohl sie meinte anhand von Pflanzenwirkstoffen sich selbst erkennen zu können. So baute sie anhand von Neigungen ihre neue Aura.
Natuerlich war sie nicht wirklich selbst vorhanden, sondern nur in ihrer eigenen Natur gefangen. Es waren immer nur unbewusste Bilder, welche die gleiche Folge von unvermeidlicher Re-produktion hervorriefen. Sie war ein Killer, eine Bestie fuer andere Lebewesen. Sie dachte ausschliesslich an sich selbst. Ihr Stamm war das animalische Ego ihrer unbeherrschten Ichhaftigkeit.
Insgeheim wusste sie, dass sie ihrer Natur entsprechen musste. Und dennoch, als Schlange und Jäger, hatte sie nie wirklich gelernt sich einzufuegen. Wenn sie die Wesen ihrer Umgebung beobachtete, bemerkte sie, dass auch diese sich vor ihrer Natur fuerchteten...die Angst hatte schon lange den Platz der Stille uebernommen...
Draussen im Wald war sie die lautlos Gleitende, welche in sekundenschnelle ihre Gefährten strangulierte. Die Lebendigkeit liess keine andere Form zu.
Sie dachte an Unabhängigeit, war aber selbst so animalisch eingebunden, wie jeder kleinste Käfer in diesem Wald. Sie war nicht besser als andere Lebensformen, aber keiner war vor ihr sicher. Sie konnte ja gar nichts anderes als sich in ihre Natur einzufuegen, so dachte sie zumindest. Aber wenn sie durch den Urwaldschlamm glitt, auf der Suche nach einem neuen Opfer, welches ihre Existenz neu beseelte, dachte sie so manchmal darueber nach, was ihre eigentliche Form war? Konnte es noch etwas anderes als Angst und Strangulieren, das Recht des Stärkeren in dieser Undurchdringlichkeit geben?
Irgendwo in der Zeit gab es die unterschiedlichsten Lebensformen. Alles uebergab sich der Tendenz des Ueberlebens, liess sich auf die Strukturen dieses Lebens ein, nur um einsehen zu muessen, dass die eigene Unzulänglichkeit an Erkenntnis zu eigener Selbstzerstörung fuehrte.

Irgendwo am anderen Ende des Dschungels hatte die Erosion der Erde einige Anhöhen geschaffen, wobei nur die wenigsten Lebensformen gewillt waren, in dieser Ödnis aus Felsen, Schnee und Eis zu leben. Doch diese Wesen, welche den Himmel in ihr Herz genommen hatten, wollten hier verweilen, um sich mit etwas Abstand einige Zufälligkeiten dieser Welt zu betrachten. Diese Form des Erlebens, in einer distanzierten Sichtweise, im ”Nicht- Beruehren-Muessens”, im ”Nicht-Bewerten-Muessens” dieser Welt war der Zustand von Individuen, welche versuchten ihre eigene Identität durch eine Intigrität des absoluten Gewahrseins zu ersetzen. Manchmal sassen sie fuer Jahre einfach nur ganz entspannt da, und betrachteten das Ganze. Ihnen war nun wirklich nicht diese absurde Dekadenz zu eigen, welche im Dschungel tobte. Es war das Reich der Grenzueberschreiter, der einsamen Himmelstänzer, der Traumdeuter und Geschichtenerzähler, aber eigentlich brauchten sie keine Titel, keine Maskeraden, um die Welt abzustreifen und sie so sein zu lassen, wie sie eben war. Unter ihnen gab es auch das ein oder andere einsame Tier, welche die grossen Anhöhen majestätisch durchschreitete. Ein Schneeleopard lag auf seinem Felsen und sah mit seinen allesdurchdringenden Augen auf die Grotten der Einsiedler, welche hier ihre Askese ekstatisch erlebten. Im Inneren war er natuerlich sehr hungrig. Aber allein die Existenz dieser Durchsichtigkeit der Asketen schaffte eine Art von Wahrnehmung, der sein Instinkt nicht folgen konnte. Fuer den Leoparden waren seine Nachbarn ähnlich der Qualität von Luft, Wind oder Regenbogen. Nichts war wirklich greifbar, und wo keine Vibration entsteht, gibt es zwar den universellen Hunger, aber keine Beruehrung und kein Opfer.
Durch zeitloses Innehalten entstand ein Vakuum, welches ganz abstrakt wie die erste ungeborene Seele wirkte. Durch ihr Selbstopfer hatten einige sich dem Sinn der Glueckseligkeit, des Sterbens, wie auch der Suche enthoben. Ihnen war es ganz einfach egal geworden, dass Gegensätze existieren. Zwar zerfielen ihre Körper ebenso, wie der Körper der Dschungelschlange oder des Leoparden, doch war es ihnen nicht besonders wichtig. Vielleicht hatten sie erkannt, dass die Absolutheit keinerlei Existenz bedarf, da alle Dinge nach etwas Besonderen streben, um es oftmals nur in der Phantasie zu erreichen. Wenn die Beduerfnisse verringert wurden, entstand weniger Wiederstand und die Extreme der Emotionen begannen sich beinahe verschwindend auszugleichen. Die Akzeptanz kannte keine Wirkung mehr. Man wurde unvermittelt von einer Ganzheit erfuellt, die einen absoluten Lebensfrieden erlebte. Die Asketen hatten erkannt, dass Kleinheit und Demut eine Filtrierung des Erlebens bedeuten, und eine Annäherung an die erste Ursache allen Lebens war. Es war eine Möglichkeit in die Spirale der weltallartigen Unendlichkeit zurueckzukehren. So imitierten sie in Reduktion ihren Ursprung, und wurden nach langjährigen Meditationen eins mit ihrer eigenen Nichtigkeit. Sie verstanden ganz einfach, dass es keinen wirklichen Sinn bedarf, um dieses Leben in Siebenmeilenstiefeln zu durchschreiten. Auch konnte der ein oder andere Asket ein Teilstueck seines Lebens die Menschenwelt beobachten. Ihre animalischen Triebe und Ängste, ihre permanente Aktivität, ihren Geltungsdrang und ihren Grössenwahn. Deshalb entschieden sie sich unter der Alternative des Ausgleichs fuer die Reduktion aller Lebensfähigkeit. Ihre Urmutter war die universelle schwarze Huelle dieser so vielfältigen, gegensätzlichen Form unserer Wahrnehmung und ihre Technik war die des Wartens....
Als irgendwann in der grosser Zeit die Huelle beider Lebensformen zu schmilzen begann, alles sich auf ihrem Lebenodem der Erde veränderte, wie es sich immer irgednwo und irgendwann verändert, mussten die Asketen eben sterben oder ihren Platz auf dem Berge verlassen. Auch die Schlange kroch ganz ähnlich in ihrer Urnatur des Selbsterhaltungsdrangs aus dem heimatlichen Dschungel auf die freie, nackte Erde. Als sich beide nun trafen, verschluckte die Urschlange den Asketen, welcher demuetig sein Haupt zur Nahrung senkte. Die Schlange in ihrer neugierigen Natur befriedigte ihren Urhunger. Und so wurde der Geist des Himmels mit den Suempfen der Erde verbunden, und beide leben in ihrem Idealismus mit einem grossen Hauch Illusion verkleidet, um sich und ihre Art zu vollenden. Die Schlange wird wohl immer in Angst zergehen und töten, um leben zu können. Der Asket hingegen wird am Ende gar nichts bewirken...Und die grosse Welt? Die individuelle Welt ist ein verspinnerter kleiner Witz, ein Lächeln am Rand der Zeit, eine Vermutung, eine Beschäftigung und nicht viel mehr...der Rest wird sich selbst neu erfinden – auch ganz ohne meine Art!

(Valbona, Albanien Mai 2017)









Valbona, Albanien


Friday, 5 May 2017

Dervischtänze und ein magisches Tal am vergänglichen Horizont

Als wir uns entschieden hier nach Albanien zu kommen, lag irgendwo tief im Unterbewusstsein ein Tanz verborgen, von welchem meine Seele seit langem träumt. Einmal vor vielen Jahren in einem Kloster in Konya/Tuerkei in Urbluete gesehen, liegt im Tanz des Mevlavi die absolute Vereinigung von Gott und Mensch, und die Vibration seiner Rotierungen sind getragen von Anmut und tiefster Schoenheit. Ganz ehrlich hatte ich irgendwann einmal davon gehört (was allerdings völligst im Unterbewusstsein verschwand), dass eines der grössten Zentren des Ali-El-Bakhra oder auch Bektashi-Ordens in Albanien und dem Kosovo zu finden seien, da die fundamentalen Tendenz der Sunni und Shia Sekten, die entlegenen Bergkloster nicht erreichen konnten. Haji Bektash Veli, der Ordensgruender kam auf Umwegen direkt aus dem Himmel nach Albanien (so glauben es zumindest seine Anhänger), um den Menschen ihre wahre Natur zu zeigen. Wahrscheinlicher ist die Verbreitung durch einsame Asketen bekannt als ”Dervish” oder ”Baba”, welche nach langen Wanderungen durch abgelegene Regionen ihre Lehren im Tanz, der Musik und der Philosophie mit den Ortsansässigen teilten. Ein Teil ihrer Aktivität war die Assimilierung aller Formen von Leben in ihre ganz individuelle Interpretation von Gotteserfahrung. Es gab keine Taboos, keine Schande oder Scham, sondern ausschliesslich Erfahrung. So wurden grossen Teile animistischen Wissens in den Händen der Dervishe verwahrt. Eine dieser Traditionen ueberlebt in Albanien bis heute. Es handelt sich um eine Form der Anrufung von Berggöttern und Berggeistern, als Verehrung der Natur als Gestaltung des absolut Höchstem. Die Kloester der Dervishe (Teque) waren durch den langjährigen Einfall der tuerkischen Ottomanen auf hohen, abgelgenen Anhöhen gebaut wurden, so dass ihre Meditation durch keine Hindernisse gestört werden konnte. Die Popularität ihrer geheimen Schönheit nahm speziell zu Anfang des 19.Jahrhunderts nach dem Ausschluss ihres Ordens in der Tuerkei extrem zu, und konnte auch nicht durch den langjährigen Kommunismus in Abanien gebrochen werden. Neben dem Pamir und dem Kosovo, ist Albanien das Land mit den meisten noch aktiven Dervishen auf dieser Erde. Die Grundsätze dieses Ordens berufen sich auf ”das Transzendieren der vier Tore des Gewahrseins”, welche unterstuetzt von Sharia (religiöses Recht), Turiquah (Spiritualität), Marifa (gleichzeitiges Verständnis) und Whadat-ul-wajood (die Einheit des Universums) freigesetzt werden. Meditation, Tanz und rituelles Gebet (Andacht) sind die Werkzeuge der Dervische auf dem Weg zur Weisheit. Die Wahrhaftigkeit ihrer Tänze, welche im Uebrigen nur unter gewissen Umständen (fettes Grinsen) gesehen werden können, sind absolut nicht öffentlich. Doch es gibt, wie immer irgendwie, Möglichkeiten alle Mauern zu brechen, da ihre Zentren auf dem Berg Tomorri in Skrapari und Melani, oberhalb von Libohova, zu finden sind. Am besten man geht ganz ohne Erwartungshaltung mit einem Lächeln einfach mal vorbei...
Es fielen mir zwei Gedanken von einem unbekannten Dervisch in die Hände, bevor ich dieses Thema in die Undendlichkeit schicken will:
Ein Bektashi war einstmals ein Passagier auf einem Ruderboot ueber einen grossen weiten See im Hinterland. Als ein starker Sturm aufkam, versuchte ihn der Bootsmann mit den Worten zu beruhigen: Gott ist gross (Mash Allah)...du musst dich nicht fuerchten! Der Sufi antwortete nur: Ja, Gott ist gross...aber dieses Boot ist nur sehr klein!”

Was man besingt in Edelholz und eitlem Gebäck,
oder vergänglicher Kleidung, einem goldenen Haus,
sei dir immer gewahr deiner wahrhaft einfachsten Natur,
versuche zu sehen eine Freiheit, welche nichts wirklich bedarf,
es braucht nicht mehr als einen Fetzen oder diesen wirbelnden tanzenden
Rythmus ohne Zeit,
ein Dervish einst mit offenem Herz, sehendem Schritt und einem
universellen Geschenk aus Demut...im stillen Uebergang!”

Zwar ziehrt ein doppelköpfiger Adler das Emblem der Flagge Abaniens, aber der eigentliche Nationalstolz sind (echt wahr!) Fledermäuse. Durch die vielen grossen Höhlen gibt es Unmengen dieser kleinen Nachtflattertiere. In allen Arten hängen sie knapp fuenf Monate in ihrem Winterschlaf, um dann im Sommer gegen Abend auszubrechen, um in kreischenden Schwärmen die Berge zu durchfliegen. Es ist absolut verboten, die kleinen Racker in irgendeiner Form zu stören oder ihnen gar mit Feuer auf den Pelz zu ruecken. ”Lasst die Fledermäuse in Frieden” heisst ein Slogan der ortsansässigen Bevölkerung...und so sieht man immer mal wieder ein Schaf, dass ueber Nacht einfach als Fledermausgabe totgebissen (ausgesaugt) wurde...Lang lebe der flatternde Wahnsinn!

Zwischengedanken: Da es heute angefangen hat zu regnen, bemuehten wir vier Kerle unsere Zeit mit immer interessanten Gedanken totzuschlagen. Coyote schweigt, trinkt und raucht....und wir anderen Drei diskutieren, was uns gerade bei dem abendlichen Feuer in den Sinn kommt! Heute wurde die Frage in den Raum geworfen: Was wuerdest du tun, falls du soviel Macht hättest, dass du in kurzer Zeit die Menschheit in die richtige Richtung (was auch immer das bedeutet) lenken könntest? Wir einigten uns am Ende auf eine ganz sinnbildliche Antwort: Natuerlich wuerde man gerne Spiritualität schenken, denn diese kann unter Umständen verbinden, aber das Wort ist zu fern, zu abgegriffen und ganz einfach auch zu kompliziert. Man kann es fast nur in einer Symbolik klassifizieren: Falls man einer Hure ( hier nicht weiblich gemeint, sondern eher metaphorisch, als Abbild einer Person, welche die Liebe oder das Mitgefuehl aufgibt und sich kapitalisiert) reinen Wein einschenkt erreicht man nicht viel. Aber wenn man ihr halbes Glas doppelt und dreifach fuellt, so dass der Lernprozess, aehnlich den Fehlern eines Kindes voll einschlägt, es dieses truebe Wasser ( ganz wichtig) selbst erfährt, und die ganze Auswirkung natuerlich auch noch zeitlich begrenzt ist, hat auch eine Hure die Möglichkeit ihrer Gewohnheit zu entschluepfen, um etwas an dem gegenwärtigen Sein zu verändern. Apokalypse ist fast gleichzusetzen mit der Transzendenz einer Metamorphose! Der Mensch braucht seine Psychose, um Weisheit erkennen zu können...Vielleicht könnte diese Idee auch die gegenwärtige Tendenz der megarapiden Industrialisierung erklären. Erst entsteht das Extrem, dann das Exem, um später apokalyptisch zu verbrennen...und wieder aufzuerstehen! Vielleicht als anderer Mensch oder als Tentakelraupe...keiner weiss das so genau! Aber dann kam and diesem Abend noch der Aspekt der Re-duktion ins Spiel!!!
Jeder Mensch strebt nach irgendetwas. Die eigentliche Natur bezeugt allerdings ein Wechselspiel, welches sich zwar im Jungstadium entwickelt, aber ab einem gewissen Zeitpunkt sich reduziert, um wieder zu vergehen. Und so sind im Uebrigen alle Strukturen dieses Erdenlebens, ja wahrscheinlich sogar unserer Universen aufgebaut. Nichts bleibt fuer ewig! Deshalb wuenschen wir uns ein wenig Re-duktion im Angesicht der Produktionen und Ambitionen dieser Welt, so dass ein wenig Platz fuer alle anderen Ökosysteme bleibt...So ein Typ Eintagsfliege, Asche zu Asche, und Staub zu Staub! Schafft ein wenig Freiheit fuer euch selbst, Freunde!
Immerhin fressen und ficken wir uns gerade schön dekadent zu Tode....
Die Individualität unserer zerrissenen Gesellschaft macht schwer zu schaffen. Alle sind immer irgendwie in private Projekte verstrickt. Manchmal ist es in dem ganzen Selbstentwicklungswahn schwierig, ueberhaupt noch die ein oder andere Person zu Gesicht zu bekommen. Ausserdem ist es einfacher nicht wirklich mit anderen Meinungen oder Wahrheiten konfrontiert zu werden. Einsamkeit als Ersatz fuer mentalen Austausch. Und wie immer bei Massenproduktionen: Machinen streiken bei Ueberbelastung!
Um dieser Ueberbelastung zu entgehen, chillen wir uns nun im Vallbona des nördlichen Albaniens. Es ist Zeit die eigentliche Vision umzusetzen, um Kletterwände zu finden, wie auch die Wölfe und Bären in den entlegenen Hochlandtälern zu besuchen. Eigentlich ist es noch recht frueh in der Saison. Ein Zwischenstadium, welches wir so annehmen wie es gerade kommt. Der Schnee in den Hochlagen ist feucht, also echt schwierig zu begehen. Die Aussentemperaturen bei Nebel und Regen noch recht kalt. Wenn die Sonne allerdings scheint, ist es fuer einen Nordeuropäer Hochsommer.
Wie soll man sagen: Man nimmt sich raus! Und vielleicht sind einige Charakter ganz einfach auch dazu bestimmt sich selbst zu vollenden, anstatt in Relationen zu zergehen oder auch sich zuviele Gedanken, um sich verändernde Gesellschaftsstrukturen zu machen. Vielleicht nuetzen sie mehr, wenn diese Seelen eher das Weite suchen.

Nachdem Coyote immer mehr in einen posttraumatischen Authismus abtaucht ( die grosse Suche nach dem Schweigen), wird diese Reise wahrscheinlich aeusserst meditativ fortgesetzt werden.
Gestern fanden wir eine Bärenhöhle in einem Seitental von Tirana, wobei der Bär, welcher hier einstmals lebte, echt sagenhaft entspannte Träume gehabt haben muss. Seine Nachbarn waren der reissende Fluss und ein paar Fledermäuse. Ansonsten reichlich Platz fuer Stalagtiten, um sich irgendwie wegzuträumen. Später kletterten wir dann noch eine Schlucht hinunter, wobei das spiegelnde Wasser in der Sonne fast so klar war, dass es erschien als wäre es durchsichtig.
Ich mag das Lächeln dieser Menschen. Erst wollte noch irgend so ein Stadtalbaner uns ein wenig Steine, Kohlen oder Maschinengewährsalven abschwatzen, dann aber nachdem wir uns entschieden hatten, in das nächste Dorf weiterzuziehen, trafen wir Hylar. Einen sechzigjährigen Albaner, der kein Wort irgendwelche andere Sprache verstand, eine fette Narbe im Gesicht trug, keine Zähne im Mund hatte, und nebenbei noch eine alte Käptentätowierung auf dem Arm trug. Sein Lächeln trug dazu bei, dass wir auf eine kleine Fahrt gen Komani gingen, welche uns in die Nähe des Hafens am Drin, zur Fähre nach Valbona bringen sollte. Einige kalte Bier fuer die Hitze an Bord, dazu keine zwanzig Minuten wo er mir wieder eine seiner Zigaretten anbot, dann redete er ziemlich oft ueber alles und jedes ( und ich verstand gar nichts), um dann wieder sein zahnloses, verdammt ehrliches Lächeln zu zeigen. Er mochte uns von Beginn an, soviel war zu verstehen. Dann kam der Showdown: Ein dreizehnjähriger Junge, der Englisch sprechen konnte, stieg auch noch ins Auto. Nachdem Coyote und er sich einigermassen verständigen konnten, kam es zum Geschäft. Ein wenig Ganja fuer den armen Touristen. Coyote sagte er hätte schon fuenfzehn Jahre Marijuana Konsum hinter sich und jetzt sei er verrueckt. Der Junge meinte eiskalt : Dies sei noch nichts, bis er die durchgeknallten Landalbaner kennengelernt hätte. Ausserdem wäre es gut fuer s Gemuet! Unser Sechzigjähriger pichelte fleissig mit uns Bier und amuesierte sich ueber soviel Absurdität in seinem Landmobil. Dann fragte er, ob ich Lust hätte sein Auto zu fahren. Ich erklärte ihm, dass ich keine Lizenz hätte, aber wenn ich schalten und Coyote lenken wuerde, koennte sich da schon was machen lassen. Er lachte nur... ”Hier gibt es keine Lizenzen und keine Polizei....so schwang er sich aus seinem Wagen, und dann könnt ihr euch denken was geschah....!!!???
Später verlor noch Coyote seinen Pass und Rucksack in diesem Auto, so dass er total betrunken nochmal einige Kilometer zurueckkommen musste, um uns auszuhelfen. Sein Kommentar bei der Ankunft war, dass es ihm leid täte, er hätte einfach nicht richtig auf die Rueckbank geschaut ...so verdammt geile Hunde hier, Landalbaner sind einfach nur ganz real....voll auf einer Wellenlinie!

Was ist das Schönste im Leben? - Wenn man ganz ohne Grund lachen kann, und wenn man aus dem Nichts, ins nächste unbestimmt Unerwartete eintaucht - Leben bahnt sich schon selbst seinen Weg. Ich kann mich kaum ganz einfach kaum noch halten vor Lachen, seitdem ich wieder auf dem Balkan angekommen bin...

Intervallparken in Albanien. Wieder so ein kleiner Zwischentext unserer Beobachtungen. Eigentlich gibt es keine Verkehrsregeln in Albanien. Zwar fahren alle schon mehr oder weniger auf der rechten Seite, aber es ist eher das Freie, was hier auf die Speiseliste der Tagesordnung gesetzt wird. Schauen, fahren und bremsen...ganz nach dem eigenen Gefuehl ! Selbst Hunde warten am Strassenrand, da es echt ein Abenteuer ist, die Strasse zu ueberqueren...
Die schönste Eigenschaft der Menschen (auch in der Hauptstadt Tirana) ist aber das Parken. Einige haben sich sogar schon Schilder mit Telefonnummern gedruckt, die sie unter die vordere Windschutzscheiben legen, aber den meisten Fahrern ist es völligst egal. Sie parken einfach mitten auf der Strasse! Dann schliessen sie die Tuer und gehen essen. Manchmal sind sogar Hauptstrassen vom Partyvolk blockiert. Ich fuehl mich grad danach, ist diese äusserst natuerliche wunderschöne Einstellung. Und wenn jeder das akzeptiert, funktioniert es schon! Gestern haben wir Polizisten auf dem Weg zur Höhle getroffen. Sie waren ganz eindeutig auf Schicht. Es gab Uniformen und Schatten. Die Jungs lagen einfach da in der Wiese und genossen den Nachmittag in ihrer eigenen Besinnung. Einige waren auf Ausflug zu der Höhle in Unterhemd mit dem Colt ueber der Schulter. Was soll man mit seinem Leben machen? Genau geniessen, voll versenkt...
Nachdem wir also nun völligst die Nacht durchzechten, um am nächsten Morgen ziemlich berauscht auf die Fähre zu steigen, bekamen wir noch als Abschiedsgeschenk zwei kleine Shots, wie der Eigentuemer der lokalen Bar im Niemandsland meinte. Er hätte uns ins Herz geschlossen, und der Rakia sei von seinem Grossvater gebraut worden. Also nahmen wir das Geschenk, eine 0,5l Petflasche Starksprit, dankend an. Auf der Fähre wurde diese dann mit einem Haufen durchgeknallter Ukrainer, einer Chinesin und ihrem deutschen Freund wie auch anderen Leuten geleert, an die ich mich beim besten Willen nicht mehr erinnern kann. Auf der anderen Seite wurde dann genau diese Truppe zusammen in einen Kleinbus verfarchtet, um eine Stunde nach Valbona zu rauschen. Zu Anfangs fanden wir neben dem Vordersitz ein Mikrofon....räusper, räusper hier spricht die Rakia-Polizei! Alles anschnallen, und garantiert unsichere Landung auf irgendeinem unbekannten Planeten...!!!
Danach boten wir dem Fahrer den letzten Rest der Flasche an, wobei die durchgeknallten Ukrainer schon wieder fuer Nachschub gesorgt hatten. Unser Fahrer schuettelte nur den Kopf udn gab uns zu verstehen, dass er dann irgendwo in den Graben fahren wuerde. Also zweiter Versuch, diesmal mit Touristen (also Babies) an Bord,....Fritz schaltet und ich lenke, du trinkst und chillst, oder andersrum, ist doch alles ganz klar, immer mit 10 Stundenkilometer vorwärts.....ejeje unsere Fahrt dauerte so an die drei Stunden, da die Russen in einem kleinen Nest irgendwo ”beim Gemuese kaufen” verlorengingen.
Ausgenuechtert sieht anders aus, aber als wir die Einfahrt zum ”guten Tal” erreichten, weiteten sich meine Augen. Es ist wieder eines dieser Täler, welches ich irgendwann einmal erträumte, und wenn man dann dort wirklich eintrifft, merkt man eigentlich erst, wie wunderbar es ist, seinen Visionen zu folgen.Als wir am Abend assen, fand ich ein kleines Buch in Albanisch mit englischem Untertitel. Es handelte von dem Glauben der Menschen dieses Tales, welcher in jedem Stein, jeder Blume und jedem Berg oder See ein beseeltes Wesen erkennt. Sie nennen diese Geister ”Hor”, welche sich oftmals in der Gestalt schöner, erotischer Frauen (ganz klar Nummer 1), einer Schlange (manchmal echt ähnlich, gelle Aya-tante) oder einer humpelnden Ziege (wie passt wohl die störrische Ziege da rein) sich zu erkennen gibt. Dann leuchtet dieses Wesen im Wald einen speziellen Weg aus, und hilft oder stört die Bewohner in ihrer verwirrten Welt. Der Glaube an Feen scheint immer noch sehr aufrichtig gelebt zu werden, denn als ich einem Ortsansässigen dieses Buch zeigte, dieser mich nur mit weit aufstehenden Augen ganz aufrichtig ansah, einmal durch den Raum mit den Armen ganz aufgeregt wedelte und dann ganz eindeutig nickte (vielleicht war s auch wieder einmal der Rahia, keine Ahnung....) Aber sie gibt es halt doch, ganz klar!




Monday, 1 May 2017

Der fette, doppelföpfige Adler oder wieviel Rakhia liegt in deinem Herzen verborgen?

Also machten wir uns auf den Weg ins Land des doppelköpfgen Adlers. Auf der Reise schwelgte ich in einem natuerlichen ”Klingeln”, einem Automatismus nach berauschter Nacht, welche es mir erlaubte meine Romantik in etwas balancierte Bahnen zu lenken. Diese Ausdrucksform kann wahrscheinlich gerade nur ein Wesen wirklich verstehen, und mehr will ich auch hier gar nicht dazu sagen. Auf jeden Fall half es, mich völligst entspannt in der Morgensonne im tristen Bari zu bewegen, um einen kompletten Tag sozusagen in harmonischer Frische zu ueberstehen. Daran änderte auch nicht, dass die echt spannende Organisationsfähigkeit der Hafengesellschaft , welche es tatsächlich schaffte, zwischen Ticketschalter, Bushaltplatz und eigentlicher Fähre einen Shuttlebus zu haben, der am Sonntag niemals fährt, wobei diese Institutionen in Abständen von jeweils drei Kilometern aufeinander folgten. Echt grosser Sport Jungs! Wer hatte denn diese verblödete Idee? Nachdem wir allerdings auf der Fähre uns einfanden, und dort einem älteren muslimischen Deutsch-Albaner begegneten, der wunderbar neben uns betete, mir dann ganz sanft seine Hände auf den Kopf legte, mich segnete, und daraufhin einlud ihn in den Bergen besuchen zu kommen, wusste ich das diese Reise schon auf rechten Wegen war. Dazu kamen mir bei seinem Gebet einfach nur die wundersamsten Erinnerungen aus meiner Zeit in Pakistan und Afhganistan, welche begannen dieses innere Lächeln zu vervielfältigen. Diese menschliche Reise ist unerwartet, voll von Deja-Vu`s und Gutherzigkeit, solange man selbst bereit ist, sich seiner Ängste bewusst zu sein und diese ein wenig herauszufordern. Später dann ergibt sich alles in sich selbst...
So war auch unsere Ankunft am Hafen in Durras ein ganz einfaches Hinuebergleiten ohne grossen Stress, und dann ein wundersames Ankommen im Backpacker Hostel bei Ilir in Tirana. Das Motto dieses Hauses ist so friedvoll wie sein Eigentuemer, und es besagt: ”A Day that changed the life of many – Never be afraid to give someone an oppertunity - never know what might come later – create your own world and welcome those who join in....every day is sheer beauty, if we give life a chance!”
Von der ersten Sekunde wusste ich in Ilir einen Freund fuer den Augenblick gefunden zu haben. Wir wuerden eingeladen werden, frei auf den Matrazen im Garten zu schlafen. Wir konnten uns Essen kochen. Wie Coyote sagte: ”Draussen ist Krieg, und hier herrscht Entspannung und Frieden” Schnell trafen wir auch einige gute Seelen. ”The crooked nose” Cameroon aus Schottland, welcher seit einem Jahr in Albanien verweilt, und mit Coyote voriges Jahr oben in den Bergen gelebt hatte. Stefan aus Holland, der auf der Suche ist, einen Platz zu finden, um dort ein Kollektiv zu gruenden, um allen dummen kapitalistischen Formen dieser Gesellschaft zu entsagen und sogar unser kleiner Alki aus Manchester war ein lustiger Kautz, der sich zwar einen Rakhia nach dem anderen reinschuettete, aber sich einfach gute Musik reinzog und ansonsten friedlich in seiner Ecke einen Teil dieser Energie aufsog. Schon am naechsten Tag waren aus unserer Zweier- eine Vierergruppe geworden, denn die beiden verdammt guten Kerle sollten uns nach Peshkopi, an die Grenze zum Kosovo, in ein weiteres Haus von Ilir begleiten. Auch hier wurden wir eingeladen wieder einmal ohne Entgeld zu bleiben, anstattdessen sollten wir alllerdings einen abgelegenen See aufsuchen, um die Wege in dieser Region fuer weitere Besucher zu markieren. Peshkopi liegt, fast touristenfrei, im Nordosten von Tirana am ziemlichen Ende einer vierstuendigen Serpentinenstrasse in einem recht abgelegenen Teil Albaniens. Hier findet man auch den höchsten schneebeladenen Berg mit knapp 2700m. Es gibt einige wundervolle Wanderungen in entweder menschenleerer Natur, oder aber die Letzten noch wirklich tradionellen Bergdörfern. Es ist das Land der Hirten, der Schafe und der einsamen Bären, die hier oben im Himmel ihr Darsein fristen. Es ist ein einfaches Leben noch weit vom Puls der hektischen Zeit Zentraleuropas. Die Menschen sitzen in den Kaffees oder bewirtschaften ihre Felder. Von Feigen, Aprikosen, dem hier in Massen produzierten Feta, Kirschen, Beeren, Walnuesse und jede Menge Kräuter gibt die Natur einiges an kulinarischen Freuden her.
Und auch der grosse universelle Lacher sollte nicht fehlen und immer wieder aus uns herausbrechen. So assen wir unser wirklich nicht spärliches Fruehstueck im Restaurant ”Kotzki”, was uns riesige Salate mit drei Käsesorten, Bohnensuppe und Brot servierte. Mir wurde erzählt, dass unter der Tatsache von internationaler humoristischer Linguistik und der stetigen Vermischung von Verwechslungen, die Worte ” Kog”= Kopf, wie auch ”Penis” = Auto hier völligst der albanischen Realität entsprechen.....also ich werde mir dann mal eine ”Kog” Massage verpassen lassen, und einer Dame einen Lift mit dem ”Penis” geben. Nur zum Grinsen... Beim morgendlichen Dorfespresso gibt es neben dem obligatorischen Wasserglas mit 50 Prozent Rakhia auch noch echten Elektropepp aus vollen Rohren zu bestaunen. Trance fuer 60-jährige, so ungefähr der Altersschnitt in der Dorfkneipe. Dazu laufen hier auch wilde Hunde, einige Ziegen und ein kleines Pferd auf der Terasse herum. Fehlt nur noch der Tanzbär im Zoo (Coyote), wuerde ich meinen, aber der liegt wild zitternd mit Ueberdosis in unbekannten Betten. Wahrscheinlich wird er bald den gewuenschten albanischen Rakhiasohn mit in die Schweiz einfuehren.
Es ist das perfekt Fruehsommerwetter. Auf den Bergen liegt noch etwas Schnee, die Blumenwiesen beginnen sich zu fuellen und die Aussentemperarur ist Nachts etwas kuehler, um tagsueber auf bestimmt 25 Grad anzusteigen. Die Bergalbaner sind umheimlich gastfreundliche Menschen. Alle haben immer Zeit, oftmals werden wir zum Essen eingeladen und auch die durchsichtige Gottesgabe (Rakhia) schenkt dem Ganzen seinen ganz eigenen Flair. Wenn man hier zu lang verweilt, wird man zum Vollalkoholiker, da man wirklich mit jedem Albaner bei der Begruessung trinken muss. Erstes Gebot: ”Trink niemals allein, da du die kurzen Stunden der Nuechternheit brauchst, um deine Eingeweide wieder unter Kontrolle zu bringen!!!” Ich habe schon mit dem Gedanken gespielt, mich als strenggläubiger Muslim auszugeben, der einfach aus Gottes Gebot diesen Stoff nicht trinken kann....da muss ich echt nochmal drueber nachdenken..Selbstschutz nennt man das, so meine ich verstanden zu haben..Ansonsten tanz ich halt den Dervish oder fall wahrscheinlich wie ein mueder, besoffener Koala anstatt vom Baum, halt vom Berg...
Wir haben verdammtes Glueck unseren eigenen Privatuebersetzer zur Verfuegung zu haben, da Cameroon nicht nur ein lustiger Kerl ist, sondern wirklich einiges von dieser sensationell komplizierten Sprache gelernt hat. Eigentlich urspruenglich aus dem Altgriechisch stammend, vom Alttuerkischen durchsetzt und vom Slibbo-Serbisch-Rumänischen noch uebertuencht. Bei fast jedem wichtigen Wort schuettele ich nur den Kopf und muss fragen, ob dass nun wirklich ernst gemeint sei, so lang und fremd erscheinen mir diese Balkanphrasen.
Unser Nachbar im Dorf hat den Star der Manege in seinem Garten. Ich wunderte mich schon extrem, wie Cameroon und Coyote mit aufgestelltem Nackenhaar an der Gartenluke vorbeischlichen, wobei sie immer peinlich genau darauf achteten, dass die Haupttuer des Hauses geschlossen war, so dass keine unerwarteten, schicksalshaften Begegnungen passieren konnten. Irgendwo hinter der Tuer, lauernd in der Dunkelheit, lebt die Seele ”Obama`s”, dem Top-Nr.1 Kampfhund Albanien`s, wie mir immer wieder versichert wurde. Eigentlich dachte ich es sei alles nur schechter Witz den sich Coyote mal wieder ausgedacht hatte, aber nachdem dieses Kalb uns eines Abends anfing ueber fuenfzig Meter mit fletschenden Zähnen und pendelnder Zunge zu jagen, muss ich sagen, dass Stephen King´s Cujo eine kleine jammernde Katze ist gegen diese ganz neue Spezie von Hunddämon. Im Uebrigen hat irgendeine tieftraurige Huendin einen neuen kleinen Dämonen unter tiefen Schmerzen geboren, und was glaubt ihr wie der kleine Kläffer heisst?...naja es liegt auf der Hand...der kleine Donny Drumpf wird seinen Vater noch um einiges uebertreffen!
Es wird mir immer mehr bewusst, wie wichtig es ist einen mentalen Austausch mit anderen interessierten Menschen zu haben. Jedes Individuum hat unterschiedlichste Formen von Auffassungsgabe im Bezug auf unser zeitlich befristetes Darsein hier auf Erden. Der mulitkulturelle Austausch im Bezug auf sozio-harmonische Strukturen in Konfliktsituationen ergibt einen grossen Teil unseren Inspiration zu existieren, um uns in unserer eigenen pyschosomatischen Entwicklung zu helfen. Manchmal erscheint mir die veräusserte Tendenz unserer modernen europäischen Gesellschaft, als eine immer mehr präsente authentische Form von eigenen Beduerfnissen. Trotzdem begegne ich immer mehr jungen Menschen, die diese fast schon schicksalshafte Tendenz im Zeitalter der maschinellen Indoktrinierung hinterfragen, um andere alternative Formen des Zusammenlebens zu finden. Vielleicht geht es um eine Re-konditionierung von Urspruenglichkeit, um das Erkennen, warum animistisch, archaische Gesellschaftsstrukturen so wichtig fuer unsere harmonische Existenz sind. Vielleicht beinhaltet diese Besinnung eine neue Form von monogamer mentaler Polygamie (um unsere Sexualität und den Eigentumsanspruch zu balancieren), eine gemeinschaftliche Zentralisierung jeglichem Eigentums ( Ausgeglichenheit) oder ganz einfach nur eine Realisierung von soziozentralen Strukturen, wobei der Stamm wieder wichtiger erscheint, als die Veräusserungen des Individuums. Auf dem Land in Albanien, wie in allen archaischen Gesellschaftsformen, gibt es immer noch lebendige Methoden im Austausch von Erfahrung, Moral, Gerichtsbarkeit oder Aufgabenverteilung, um die Harmonie zwischen den Menschen zu fördern. Zumeist wird speziell beim Austausch dieser Erfahrungen auf das Alter sehr viel wert gelegt. Der Bereich der Erfahrung mit dem Hintergrund der Genuegsamkeit und Achtsamkeit schafft eine gewisse Reife, um Entscheidungen unter der Hilfenahme von Distanz zu treffen. Nebenbei wurde in archaischen Strukturen die Lebensqualität anhand von Erfahrung gemessen, so dass junge Menschen auf ihrem Weg gefuehrt wurden, um ihre individuelle Tatkraft in Sachen Moral, Handwerk oder auch Weisheit zur Reife zu bringen und ihnen zu helfen, ihren Weg im Gleichgewicht zu beschreiten. Das alte Wissen sollte nicht in Vergessenheit geraten, so dass der erste Schritt eines jungen Menschen eine Einfuehrung in die alten Bräuche war, welche später relativiert wurden, und sich eventuell weiter entwickeln konnten. Obwohl ich persönlich glaube, dass Alter mit Sicherheit Erfahrung mitbringt, muss man Bedenken, dass Erfahrung geprägt ist von den veräusserten Erscheinungsformen von Entscheidung, welche die jeweilige ältere Person in seinem Leben getroffen hat. Abhängig von den Gewohnheiten des Individuums die Objekte dieser Welt zu betrachten, die antrainierten Gewohnheiten durch bewusste Handlung im Verlaufe des Lebens zu ersetzen, wird dann die Weissheit geprägt, welche ein Stamm braucht, um aufrichtig wahrhaft auf seinen Wegen geleitet zu werden. Erst in der Distanz der Meinung und im Beobachten von vielfältiger Möglichkeit der subjektiven Erfahrung liegt wahre, spontane Weisheit verborgen.
Aber auch nur mit einem Hauch aus Weisheit entspricht die archaische Struktur einer verallgemeinerten Logik, welche die grösstmögliche Form von Ueberleben eines Stammes fördert.
Einen Teil dieser Logik sieht man hier in Albanien, wo wie im Uebrigen ueberall, die Menschen einen grossen Teil ihrer Ursprungsgenetik in unbewusster Form, verkleidet als animalische Tendenz in sich tragen. Ein Teil dieser Genetik ist beispielsweise der ” Turm der Rache” (Lock-in-tower oder auf alb. Kulla i ngujimit).
Blutfehden gab es sehr wahrscheinlich vom Anbeginn der Zeit. Wenn Ehrenkodexe verletzt und zu grossartigen Missverständnissen fuehren, kehrt das Gedächtnis als veräusserte Form des unbewussten Ueberlebensinstinkts zurueck, wobei der spontane Reflex und das Recht des Stärkeren sein eigenes Ueberleben sichert. Im Zeichen des Tieres regelt das Individuum seine Ansprueche und sichert seinem Klan gleichzeitig die Ehre und die zukuenftige Generation. Es ist schwer zu sagen, wie stark diese Blutrache in Albanien noch ausgelebt wird. Es heisst, dass im Geheimen diese Form des ritualisierten Tötens immer noch legal im Hinterland praktiziert wird. ”50 Männer fuer eine diskrimierte Frau” oder ”5 Männer fuer ein Stammesoberhaupt” seien der Tribut fuer unzulängliches Verhalten.
Die soziale Struktur der albanischen Dörfer entspricht ungefähr dem typischen Bild archaischen Lebens. Die Männer bilden das Gesetz der Strasse, der Gerichtsbarkeit, der Ernährung (Vieh, Hausbau, Landwitschaft, Jagd) und das Resort der Frau liegt im Heim der Familie, wie beispielsweise die Kleidung, die Ernährung, der Kindererziehung und des Sammelns von Holz und Kräutern. So sieht man kaum eine Frau in den Cafes der Ortschaft, welche zur absoluten Männerdomäne avisiert. Dem Mann obliegt es beim Rakhia sich zu laben, um die politischen Verhältnisse des Ortes, wie auch die Entwicklung zu diskutieren. Da ich leider mit den Damen keine Zeit verbringen darf, vermute ich, dass diese aehnliche Diskussionen hinter versteckten Gardinen haben, um dem Gatten ihre Ansicht danach leise ins Ohr zu fluestern. So wird auch das weibliche Beduerfnis honoriert und fliesst als Teil der Meinung in die sozio-politischen Strukturen des Dorfes ein. Diese ganz klar vorgelebten Organisationen werden niemals durchbrochen, so dass rein psychisch keine Unsicherheiten entstehen, welchen Aufgaben man sich in seinem Leben darbieten sollte. Ausserdem wird hier die Grundtendenz des menschlichen Erlebens sichtbar, welche die chaotischen Formen der Natur zwar in sich trägt, aber ueber eine gewisse logische Vorstellung, eine eigene menschliche Anschauung schafft, so dass menschliche Strukturen nur teilweise in animalische Formen zurueckfallen können.
Ähnlich dem Gottesglauben ergibt dieses Sozialverhalten eine Art der Sicherheit, welche dazu beiträgt, dass eine solide gemeinsame Anschauung entwickelt wird, um unter einfachsten Bedingungen das Ueberleben zu ermöglichen.
Es ist wunderbar zu erfahren, wie alte Menschen, aber auch insbesondere Frauen mit grossem Respekt und Geduld behandelt werden. Hier werden Alte nicht abgeschoben, sondern als ausserordentliche Mitglieder einer funktionierenden Gesellschaft betrachtet. Auch Frauen haben diesen absoluten Ehrenstatus, als Mutter der Kinder in der Familie, als Beschuetzerin der Erde, des Blutes und natuerlich als Ernährerin des Hausstandes angesehen zu werden. Und welche Frau geniesst nicht den Status der absoluten Verehrung? Jeder Frau, jedem Alten und jedem Kind wird sofort im Bus ein Platz geschaffen. Das Sinnbild der magischen Präsenz des Lebens, als irdische Ursprungsform, als Schoss und Weisheit der ersten Natur, gelten hier den meisten Männern als heilig. Deshalb erhält die Urmutter und der Urahn einen Ehrenplatz in der Gesellschaft. Die rein physisch schwächsten und wichtigsten Glieder werden mit dem Blute beschuetzt. In vielen Formen des Erlebens gelten in Albanien das Heim, die Erde (das Land), die Mutter und der Vater, die Frau und die Kinder als das Wichtigste im Leben eines Mannes, welche niemals durch Wort oder Tat angegriffen werden duerfen. In diesem Bereich, wie auch bei Wortbruechen (Unwahrheit) kommt die Blutfehde zum Tragen. Die meisten anderen Probleme in einer Gesellschaft geraten unter Zuhilfenahme des Humors und der Selbstdistanz zur Nebensache.
Eine weitere wichtige Instanz einer archaischen Struktur ist die Gastfreundschaft und gemeinschaftliche, soldarische Hilfe in Notzeiten.
So sieht man beispielsweise eine selbstlose Hilfsbereitschaft, die so weit geht dass einige Dorfbewohner mit dir fuenf Stunden irgendwelche Berge auf unzugängigen Wegen hochkraxeln, damit man nicht irgendwo im Hinterland verloren geht. Auch eine Form der Gastfreundschaft ist das beständige Teilen des Essens, wie auch das gegenseitige Anbieten von Komfort, sei es nun in Bussen bei Sitzgelegenheiten oder einem Bett im Haus. Immer soll es nur das Beste fuer den Gast sein!
Was mich ueberraschte, war auch, dass Albaner es manchmal als unehrenhaft ansehen, den Gast bezahlen zu lassen. Ich kann mich schon gar nicht mehr erinnern in wievielen Häusern ich die vergangenen Tage eingeladen wurde. Selbst in Bussen oder Restaurants vermindert man die Preise oder gibt zu verstehen, dass einem Gast der Ehrenplatz gebuehrt.
Landalbaner sind wahrhaft grossherzige Menschen! Und Albaner sind Muslime, um mal dem Medienspektakel unserer Welt etwas entgegenzuwirken...
Das Einzige was mir zur Last fiel (Ehrenkodex) ist, dass ich nun einmal Deutscher bin. Durch den Einfall der Nazis im zweiten Weltkrieg herrscht speziell auf dem Land etwas Zurueckhaltung, sobald sie erfahren, dass man ein Nachfahre dieser absurden Generation ist. Die Partisanos (die alten Ehrenmänner) zogen sich in die Berge zurueck und leisteten erbitterten Wiederstand gegen die Eindringlinge. Viele juedische Familien wurden zu Tausenden versteckt, um nach dem Krieg in das verheissungvolle Israel ueberzusiedeln. Hoffen wir, dass diese sich bei den Bergalbanern fuer ihre fast schon ueberirdische Gastfreundschaft bedankt haben. Ich habe mich deshalb entschieden nach einer Notluege zu greifen, um mich als juedischer Schwede zu verkleiden.

Wir wollen ja noch einige Zeit die grosse Kunst dieser Gesellschaft geniessen...

...ueber Leben und Sterben...

Als die gezackte Schlange durch den Sumpf glitt, spalteten sich das Gras und der triefende Schlamm unter ihrem Gewicht. Sie war sich zieml...