”Wir
haben uns sozusagen, wie so ziemlich alles in diesem Leben selbst
ausgesucht. Die Wechselwirkung dieser globalisiert rotierenden Welt
sind gemischte gewaltige Strömungen, so irgendwo zwischen letztem
Aufgebot an Naturwundern und grauem Hightech. Ganz eindeutig getarnt
ist das menschliche Mitgefuehl durch neurotische Wahnvorstellungen
und vibrierende Angst. Gerade hier in Europa, wo der scheinbar
moderne Affenmensch sich die nuttigen Lippen mit roter Schminke
eintunkt, oder seinen Mercedes wie einen erigierten Penis
spazierenträgt sind solche Entartungen völlig normal. Zwar kann man
diese neuen Trends auch bei den indigenen Völkern beobachten
(Menschen bleiben eben Menschen), doch speziell hier, am Wallstreet-
Puls der kokainisierten Zeit kann man die absolute Nacktheit
erkennen, mit welcher sich das eigentliche Wesen des Menschen immer
mehr von seinen eigenen Erhaltungs- und Ursprungsbeduerfnissen
distanziert. Die existentielle Natur wird zum Wiedersacher, zu rein
manischer Angst. Alles was vom ”neuen Menschen” domestiziert
wird, erscheint eigen genug, um Sicherheit zu versprechen. Das Innere
unserer Manege ist eigentlich nur noch eine Abart von Eigensinn und
Ignoranz. Und tief unter dieser Maskerade schlummert die animalisch
unbewusste Frequenz, welche unaufhaltsam zeitlich tickt und dieses
Wesen immer daran erinnern wird, woher es einstmals kam...”
Jetzt
sind wir also auf dem Boden der Tatsachen gelandet. Das
kapitalistischste
Land
dieser Erde...
Irgendwo
zwischen Alphorn und Nestle, zwischen juedischem Nazigold und der
Milkakuh, zwischen Pharmakonzern und Gletscherzungen, zwischen
Kirchenorgel und Stoeckelschuh, zwischen uebelster Korruption und
lästiger Tradition, zwischen ”teuer im Kopf” und ”bitterlich
arm im Herzen” - das Herz Europas, welches nicht Europa sein will –
die verschwitzte Schweiz, wie sie leibt und lebt....”
Wir
dachten, dass wir uns einen guten Plan zurechtgelegt hatten. Aber
Erstens muss man einsehen, dass Dinge eben nicht immer so laufen, wie
man sich erhofft, und Zweitens besitzt der Mensch leider die Neigung
zu Vergesslichkeit, so dass er manchmal einfach re-inkarnieren muss,
um sich klar zu machen, wie beschissen doch diese absurde
zntraleuropäische Umwelt sein kann. Letztlich ergibt sich vieles in
Akzpetanz. Nur drei Tage nach unserer Landung kamen wir also mit
etwas Jetleg in den Beinen an den Kindheitsplatz unseres Coyoten, um
dort etwas zu tun, was man eigentlich gar nicht tun sollte.
Diese
Arbeit hatte ausschliesslich den Sinn des Geldverdienens. Und wenn
man ”hamstern” will ohne zu denken, muss man sich dessen
bewusst sein, dass man sich in Zustände begibt, welche rein gar
nichts mit seinen eigenen Neigungen zu tun haben. Man muss in
Kruemeln suchen, und sich ohne Kompromisse den bestehenden
Verhältnissen anpassen. Die Frage hierbei ist nur: Wie lange kann
man sich Umständen anpassen, ohne selbst auffällig zu werden?
Denn
trotz aller Sorten Gold, welches in diesem komatischen Land auf den
Bäumen zu wachsen scheint, kann man nur schwer seinen Charakter
verbergen, und Schweigen kann extrem irritierend wirken, wie wir bald
sehen werden.
Es
muss so ungefähr fast zwanzig Jahre her sein, dass ich mich in diese
Form von Arbeit stuerzte, wie ein Idiot, der sich einfach nur
teilweise bewusst war, was dies zu bedeuten hatte. Aber spannend
wurde das Ganze!
Morgens
um fuenf wurden wir sozusagen abbestellt. Erstmal fast zwei Stunden
Fahrt in blitzsauberen, extrem teuren Zuegen, um irgendwo ins Umland
von ”Zitzi-Zuerich” zu kommen. Dann wurden wir getrennt, um in
vollkommender Sklaverei unsere Tage zu bestreiten. Vom ersten
Handschlag weg, wurde es deutlich, dass dieser Job einem seinen
Schlaf, seine Arme (Gesundheit), wie auch sein Herz rauben könnte.
Es ging darum Tennisplätze nach dem Winter zu sanieren, um die
täglichen zweihundert 25 kg Säcke, 10 BigBags Sand etc, welche auf
dem maroden Untergrund zu verteilen und einzuebenen waren. Es ging um
tragen, pushen, schwitzen, nur nicht stehenbleiben und auf keinen
Fall ”dumme” Fragen stellen. Eigentlich sollte man von ersten
Sekunde bis zur Letzten vollkommend fumktionieren. Alle diese Typen
hier waren echte Kerle mit dicken Oberarmen und ungeheuer viel
Wichtigkeit. In den Kommunikation wurde mehr geschrien wie geredet,
da die Walzen einen uebertönten, und eigentlich waren die Gehirne
sowieso leer bei soviel Adrenalinausduenstungen. Eigentlich ging es
nur im ”mach dies” oder ” mach das”, was man dann zugleich
versuchte, nur um vom nächsten neue, manchmal völlig andere
Informationen zu bekommen, um diese umzusetzen, und vom
darauffolgenden Mitarbeiter ordentlich zusammengestaucht zu werden,
warum man es denn schon wieder anders machen wuerde, und warum man
nicht motiviert sei. Ausserdem ging es hier nicht umdie
Geschwindigkeit einer alten Dampflok, auch nicht um einen Intercity
Express, nein man musste schon ein Ueberschallflugzeug sein. Da ich
mich ja nun versuchte den Geschwindigkeiten dieser Zunft anzupassen,
hatte ich einfach keine Zeit mehr, um auch noch irgendwelche Fragen
zu stellen, wodurch sich wiederum ergab, dass mir gesagt wurde, dass
ich mich wirklich nicht fuer die Arbeit interessieren wuerde - und
dies konnte ich wahrhaftig nicht wirklich verneinen – denn wer,
verdammt nochmal, ist schon interessiert, Tennisplätze zu
rennovieren??? Ich merkte recht schnell, dass was immer ich sagen
wuerde, mein Wort niemals in das Verständnis oder Gehöhr dieser
Arbeitsochsen fliessen wuerde. Und genau deshalb beschloss ich, mich
in eine Wolke des Schweigens zu betten und einfach nur das zu tun,
was die Anderen beanspruchten. Das Dumme hierbei ist, dass nun das
Ego des Menschen ein klein wenig Bösartigkeit entwickelt. Bei 15
Arbeitsstunden werden alle Arme irgendwann muede, wobei die Launen
etwas gestresst aus den Arbeitern herausbrechen. Kurz gesagt: Man
schiebt gerne die Launen auf die schwächsten Glieder dieser Kette!
Und Hierarchie siegt immer Hilfsarbeiter brauchen kein Krankengeld,
also besser die Festangestellten chillen lassen, und der Rest ist
irgendwie ersetzbar., falls die Peitsche nicht mehr wirkt...
Am
spannendsten waren die Schubkarren mit 7 Säcken a 25kg Vulkanitsand,
welche recht diszipliniert erst gestapelt werden mussten, um dann
dieses Monster an Gewicht (bitte rechnen: 7x25kg plus Eigengewicht
der Schubkarre=?) ohne Abzusetzen erstmal auf die Plätze schieben
musste, um dann die Säcke durch leichtes ruckartiges Anheben oder
auch Runtertreten auf dem Platz zu verteilen. Bei acht bis zehn zu
machenden Plätzen, je nach Laune und kapitalistischter Tendenz des
Chefs, bedeutet das bei zweimaligem Sanden, so ungefähr 400 Säcke,
die von Hand geladen und ausgefahren werden muessen. Dazu kamen dann
noch die fuenfzig bis hundert Karren gefuellt mit Belag, um die
Löcher zu stopfen oder gar den kompletten Platz neu zu ebnen. Man
beginnt morgens um sieben, und wenn man Glueck hat, bekommt man eine
Kaffepause, so gegen 10 Uhr. Falls man im Hotel schläft, hat man so
ca. 20 Minuten zum Fruehstuecken, um dann direkt auf die Baustelle zu
fahren. Wenn man verschläft gibts halt kein Fruehstueck. Um zwölf
Uhr wurde gegessen, wobei man ca eine halbe Stunde bekam, und die
wurde einem vom Lohn abgezogen. Morgens wurde erwartet, dass man
mindestens eine halbe Stunde (ohne Bezahlung) die Busse mit
Werkzeugen vor der Abfahrt belud, wobei auch wirklich alle
Mitarbeiter zeitig genug auftauchten, um dies zu tun. Ansonsten gab
es noch eine Mahlzeit um vier Uhr und ein spätes Abendessen gegen
neun Uhr am Abend. An andere Pausen kann ich mich beim besten Willen
nicht erinnern. Gearbeitet wurde von Montag bis Samstag, zwischen
6.30 und 22.00, wobei es auch später werden konnte. Bei soviel
Lebenssinn konnte man die Festangestellten wirklich verstehen, dass
wenn sie nicht arbeiteten, ihre Bauarbeiterkommunikation sich
hauptsächlich um Titten, Wuerste, Autos, Geld oder mehr Arbeit
fokussierte. Machmal wunderte ich mich, was diese Menschen mit all
ihrem Gold wohl planen wuerden, da sie doch aus meiner Sicht
stinkendreich sein muessten. Jeden Morgen konnte ich beabachten wie
jede Menge ”Stutz” an den Tankstellen fuer Schokolade, Kaffee,
Junkfood, etc verschleudert wurden. Der Chef selbst gab fast jeden
Tag 200 Franken= 200 Euro fuer irgendwelches Fertigessen aus. Sprich
Fertigkaffe, Smoothies ( zu 4 Franken das Stueck) oder auch
Fertigkuchen, Fertigchips, Fertigfleisch.....ja so sind sie die
Arbeiter!!! Gesund und heiter ( siehe die gekruemmte Hand des Chefs,
welche nicht mehr streckbar ist)!
Nach
drei Tagen erwachte ich am Morgen, und meine Arme und Hände waren so
gut wie taub. Es brauchte zehn Minuten, um sie unter Schmerzen
wachzuschuetteln. Unsere Freunde hatten uns ermutigt, diese Tage als
”Training-Days” einzuordnen, da man bei 40 Kilometer Laufen am
Tag, und dem schweren Tragen ausserordentlich fit werden wuerde. Aber
von den Schmerzen, die im Uebrigen jeder Arbeiter hat, redete keiner.
Die
meisten Neuankömmlinge hören oftmals nach drei Tagen auf, da man
genau in dieser Zeit extrem ausgetestet wird, ob man den Belastungen
auch standhalten kann. Danach entwickeln sich die Muskeln, und die
Arbeiter beruhigen sich etwas, einem Anweisungen ins Gesicht zu
bruellen.
Aber
ganz ehrlich: Wie könnte man sich an einen Platz gewöhnen, wo die
Menschen ueber Nutten und Fussball reden, wo der Chef ein absoluter
”Work-oholic” ist ( der macht fast nie Urlaub und ”sitzen”
ist ein absolutes Fremdwort) und man permanent Hotelessen und
Junkfood frisst.
Wir
bekamen immerhin fast 30 Euro die Stunde fuer den Job, zuzueglich der
Uebernachtung und dem Essen. Das ist natuerlich recht wenig ( und ja
ich schau speziell hier in der Schweiz hinein in den Honigtopf), wenn
man bedenkt, dass die Familie fuer ihre 10 Arbeiter pro Tag ca. 3000
bis 4000 Franken ausgibt, dafuer dann allerdings acht Plätze macht,
die pro Platz ca. 3500 Franken einbringen. Sozusagen eine richtig
billig Arbeitskraft, um den Reichtum dieser Familienfirma weiter
auszuweiten. 600 Plätze in ca. zwei Monaten. Eigentlich hatten wir
in Bolivien geplant, die kompletten zwei Monate hier mitzumachen. Und
wie froh ich bin, dass wir dies nicht gemacht haben. Zum Glueck waren
die drei Brueder einfach nicht erreichbar, so dass wir zum Schluss
dreizehn Tage durchhielten. Das Schicksal bahnt sich seinen Weg...
Rein
mental halte ich es fuer eine ausserordentlich gute Erfahrung, um zu
sehen, was man mit seinem Körper, so unter Umständen alles
anstellen kann. Auch ist es interessant in andere Lebensbereiche und
Vorstellungen fuer eine kurze Zeit einzutauchen.Mal etwas Abstand
nehmen zu den eigenen Sphären und Realitätslulu lecken...
Das
Beste kam zum Schluss. Eigentlich hatten wir einen Vertrag bis
20.April. Eines späten Abends kam der Chef zu mir und erklärte,
dass er leider keine Arbeit mehr hätte. Gut dachte ich mir, ”Kein
Problem” Nur dass ich unerwarterweise sehr froehlich darauf
reagierte und ihm auch zu verstehen gab, dass es mehr als genug sei,
13 Tage rumgesklavt zu haben. Das konnnte er beim besten Willen nicht
verstehen. Im Hintergrund bekam Coyote den Braten ab, nachdem ihm
gesagt wurde, dass ich keine Motivation zeigen wuerde und ich
ausschliesslich wegen ihm hier ”am Start” war.
Das
Einzige was uns dazu einfiel war: Wenn ihr nur Deppen wollt, dann
kauft sie euch, und verplämpert weiter kostbare eigene Lebenszeit
mit einem ”richtigen Job”, wie ihr sagt. Wir haben mit Sicherheit
die grösstmögliche Einstellung gezeigt, die uns zu Eigen ist. Wenn
s euch stört, habt ihr halt ein Problem! Wir sind halt keine
Arschschleimkriecher oder ähnliches...und lassen uns auch nicht
verarschen! Ej, Patrick, wie wär¨s wenn du den saublöden,
alleswissenden Mexikaner adoptierst. Der braucht nen echten Job!
Eigentlich will er, wenn er mal ehrlich wär, nur die Kohle, damit er
in der Sonne nicht zu viel arbeiten braucht...(scheiss deutsche
Konkurrenz)..und Tennisplätze sind ihm rotzegal!!! Nur mal, um das
so klarzustellen! Und warum sollte es auch anders sein? Wir sind
Saisonarbeiter, maximal 2 Monate angestellt, um nichts anderes zu tun
, als körperlich zu arbeiten. Die Verantwortung fuer Bezahlung,
Essen, Schlafen, Organisation tragen ausschliesslich die Besitzer des
Geschäfts, wie auch die Festangestellten, welche sich nebenbei
natuerlich gerne mal ein Päusschen gönnen, aber es absolut nicht
ertragen, wenn ein Hilfsarbeiter dies tut.
Insgesamt
muss ich allerdings sagen, dass sich die Leute doch recht anständig
mir gegenueber verhalten haben. Wir sind zwar keine Freunde geworden,
aber bei Einigen war die Akzeptanz und Toleranz nach einigen Tagen
vorhanden. Deshalb wundert mich dieser saublöde Kommentar zum
Schluss, da es euch doch eigentlich klar sein musste, dass diese
Information rueberschwappt. Aber anstelle persönlich zu fragen,
warum man sich so verhalten hat, wird einfach drauf losgelabert. So
viel zum Thema ”Stress-Syndrom”...und fast keine Zeit fuer
Eigenreflektionen!
Und
abschliessend: Das Schweigen...
”Schweigen
ist Gold” - wenn ich auch nur eine Sekunde gezögert, und mein
Mäulchen aufgerissen hätte, wäre ich wahrscheinlich nach drei
Tagen Geschichte gewesen. Darum ging es aber nicht, da ich wusste,
dass die wilde Horde, mit meinen Ideen und Visionen so rein gar
nichts anfangen konnte. Zu unterschiedlich sind die Sichtweisen. Und
diese Art der Provokation wollte ich mir einfach nicht antun.
Aber
ganz ehrlich, bei all dem ”Wienerli-Wahnsinn” sind wir natuerlich
dankbar, da wir ziemlich einfach, und in sehr kurzer Zeit, unsere
kompletten Reisekosten aus Patagonien durch dieses kleine,
bescheidene Gehalt zuzueglich schwedischer Steuerrueckzahlungen im
Sack haben. Viereinhalb Monate in dreizehn Tagen ist ein guter Lohn,
zumindest wenn man die Perpektive wechselt und nicht in ”Schwytzer
Kategorien” denkt.
So
und jetzt schnell raus aus dem Konsumwahnsinn. Albanische Berge haben
noch etwas mehr Urspruenglichkeit. Zurueck zum einfachen Leben...
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